Urban Dance Revolution in Berlin – Ivan und die Street Dance Connection

Seit 10 Jahren ist Ivan als Tanzpädagoge in der Urban Dance Szene unterwegs. Er gründete 2005 die Street Dance Connection (SDC), die seit Oktober 2011 sogar offiziell eingetragener Verein ist. Zusammen mit den weiteren Mitgliedern und gleichzeitig Tänzern Prince, Hassan, Saber, Aga, Isaac und Maradona pusht er die junge Berliner Tänzerszene wie kein Zweiter. Keepondancin hat sich mit Ivan gechillt zu Hause getroffen und die Erinnerungen der vergangenen Jahre der SDC wiederbelebt. So viel schon vorweg: Neben vielen Erfolgsmomenten, musste er auch einiges einstecken….

1. Was war deine Idee bzw. deine Absicht, als du SDC gegründet hast?

Ich hatte schon fünf Jahre lang den Kids Breaking und Hip Hop Lifestyle gelehrt und plötzlich kam dieser Boom für „Streetdance“ auf. Ich habe die Kids gesehen, wie sie versucht haben, sich gegenseitig ein paar Moves beizubringen. Und viele wollten bei mir „Streetdance“ lernen, ohne zu wissen, was das eigentlich sein soll. Sie kannten nur die Kinofilme und Detlef D! Soost von Popstars. Also habe ich ein Team trainiert, sozusagen der Vorläufer der Fanatix. Mit der Zeit wurde es immer besser und ich habe einfach das Potenzial gesehen oder besser gesagt die Vision gehabt, mit diesen Jungs etwas Größeres zu machen in Form von Events und Battles. Meine Absicht war es, den Kids Hip Hop Kultur (besteht auf Kultur!) zu lehren.

2. Wenn du zurückschaust… Bist du zufrieden, wo SDC heute steht oder hättest du niemals mit dem Erfolg gerechnet?

Wenn ich zurückschaue bin ich superzufrieden, ich habe alle meine Gründungsziele mit der SDC erreicht. Erstens, es existiert eine Hip Hop Tanzszene Berlin, die gut informiert ist und sich gegenseitig supportet. Zweitens, Berlin ist in mehreren Teilen Europas als Tanzszene mit guten Tänzern und Events anerkannt. Drittens, es gibt eine große neue Generation an Tänzern, die jetzt auch Events, Workshops und Reisen organisieren.

Aber, ich habe anfangs  viel zu groß gedacht. Wir haben zwar alle eine sehr gute Entwicklung gemacht und es stehen uns jetzt alle Türen offen, das brauchte einfach seine Zeit. Immerhin waren wir die Ersten, die den Tanzstil NewStyle nach Berlin geholt haben – dafür haben wir Tänzer aus Frankreich für Workshops einfliegen lassen. Wir haben die Leute aufgeklärt und sind die Basics durchgegangen. Ich habe den Tänzern aber immer gesagt, dass mein Wissen in Bezug auf Hip Hop nicht ausreicht. Sie müssen reisen, die Welt sehen, die verschiedenen Stile entdecken. Sie wissen auch dank SDC, wie sie sich in dieser Community zu mobilisieren haben und so habe ich den einen oder anderen zu Storm gebracht – eine Legende des Urban Dance. Die meisten wussten gar nicht, wer das ist.

3. Was ist das Schönste an deiner Arbeit bei SDC, was gibt dir die Antriebskraft für das Projekt?

Wow, schwierige Frage! Da gibt es eine ganze Menge, wenn ich so zurückblicke. Es macht mir verdammt viel Freude zu sehen, wie etwas wächst bzw. entsteht. Ich bin sehr viel gereist durch meinen Job und das macht extrem viel Spaß. Ein ganz wichtiger Faktor ist, dass ich jeden Tag von den Jugendlichen lerne, wie sie denken, was sie fühlen. Dadurch konnte ich vieles aus meiner Jugend sehr gut verarbeiten… und die Kids sehen mich als Vorbild, was ich als sehr wertvoll empfinde.

Ansonsten… ich wurde hin und wieder enttäuscht von Leuten aus der Szene, die dann aber zurechtgerückt wurden und sich bei mir entschuldigt und mir plötzlich mehr Respekt gezollt haben, als ich je gedacht hätte. Das hat mir gezeigt, ich werde ernst genommen, ich bin anerkannt.

Ach ja, und die Dreharbeiten zu meinem Videotrailer waren richtig cool – endlich hab ich einen (smile). Es ist schön, zu sehen, wie sich alles entwickelt hat und wo wir angekommen sind.

Videotrailer noch nicht gesehen? Dann ab dafür!

4. Was waren die Tiefpunkte für dich bei SDC?

Meine Tiefpunkte waren die großen Events, von denen ich geträumt habe. Ich wollte, dass sie uns finanziell eine berufliche Basis bieten können. Ich war größenwahnsinnig und das sage ich jetzt rückblickend, denn damals war ich fest davon überzeugt, dass all meine Handlungen berechtigt waren. Ich habe alles riskiert: meine Existenz und die der Schüler, die an mich geglaubt haben. Ein Event (Er spricht vom Battle Day im Tempodrom 2007.), bei dem die Miete alleine 15.000 Euro beträgt und dann noch hoffen, dies durch Eintrittsgelder wieder einzunehmen, das ist mehr als wahnsinnig. Während der Veranstaltung kam einer der Geldleiher zu mir und sagte: „Ivan, es ist unmöglich, das Geld wieder einzunehmen, das wir dir geliehen haben. Du wirst für die gesamten Kosten selbst aufkommen.“ Nach diesem Satz musste ich erst mal „lässig“ das Battle weiter moderieren. Schon pervers diese Erfahrung – alle glücklich zu sehen mit dem, was ich auf die Beine gestellt habe und ich selbst wollte mich begraben. Am Ende waren es ganze 22.000 Euro, die ich heute noch abzahle. Das Kuriose daran ist, dass es keiner mitbekommen hat und alle Tänzer zu mir meinten: „Boah Ivan, fette Veranstaltung, geiles Ding“. Ende 2009 habe ich komplett mit Events aufgehört.

Danach kam das Geld von alleine auf mich zu. Es gab kürzlich Organisatoren, die wollten, dass ich noch ein Event mache. Also habe ich dieses Jahr das deutsch-französische Hip Hop Festival veranstaltet im Tempelhofer Park. Das größte und beste Event, das ich jemals gemacht habe.

Danke an dieser Stelle an Florian vom Centre Francais de Berlin und Borris vom Deutsch-Französischen Jugendwerk!

5. Der Job hört sich sehr zeitraubend an. Inwieweit hat er dein Privatleben beeinflusst?

Zwischen 2005 und 2009 war das mein Leben. Ich habe 24/7 nichts anderes gemacht. Meine komplette Zeit und Kraft ging für das Projekt drauf und ich habe auf mein Privatleben, Freunde/Familie, verzichtet, um die Ziele der SDC zu erreichen. Körperlich und gesundheitlich habe ich gewisse Grenzen überschritten. Außerdem konnte ich mich selbst als Tänzer leider nicht mehr weiterentwickeln, da noch eine Knie-OP dazu kam.

Irgendwann habe ich gesagt, es reicht. Seit 2009 mach ich keine Events und kümmere mich lieber um meine Familie und Freunde. Meine eigenen Interessen stehen im Vordergrund. Ich hab in letzter Zeit einfach vieles getan, was mir persönlich gut tat. Dadurch bin ich viel entspannter, lockerer zufrieden im Beruf und auch privat.

6. Was sind deine Ziele für die nächsten Jahre?

Ich habe eigentlich alles erreicht, was ich erreichen wollte. Mittlerweile habe ich neue Ziele. Es gibt eine große Nachfrage an Schulen, die Hip Hop als Schul-AG anbieten wollen. Das kommt mir gerade gelegen, da ich an ein Netzwerk gedacht habe für Tänzer, in dem man sich intern abspricht, wie die Jobs verteilt werden und wer gerade zur Verfügung steht. Hip Hop Tanz soll vom Staat als eine qualifizierende Ausbildung anerkannt werden, so wie Ballett oder zeitgenössischer Tanz. Ein weiteres Ziel, ist ein Netzwerk für Veranstalter der Szene aus ganz Deutschland zu bilden, um langfristig so was Ähnliches wie eine Gewerkschaft zu gründen.

Das hat z.B. den Vorteil, dass man sich nicht in die Quere kommt bei Veranstaltungen, also man gemeinsam Tänzer als Jurymitglieder bucht bzw. untereinander vermittelt. Ich sehe in der Hinsicht ganz viel Potenzial. Die ‚Gewerkschaft‘ soll nur zum Vorteil der Aktiven in der Szene sein. Außerdem stellt das Netzwerk ein politisches Sprachrohr dar. Gemeinsam sind wir stärker und könnten z.B. Gelder beantragen für kulturelle Projekte.

Aber mein nächstes konkretes Projekt, in das ich viel Zeit investieren werde, ist Hip Hop Tanz und Basketball zu verbinden. Die Koordination und das rhythmische Gefühl, die man beim Tanzen braucht, sind von Vorteil fürs Basketballspielen. Lasst euch einfach überraschen!

Keepondancin says ‚Thanks Ivan’ für das offene Gespräch und viel Erfolg für die kommenden Projekte!!

Veröffentlicht am 18/11/2011, in Backstage. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. Ein Kommentar.

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